Roberts Kolumne

Roberts Kolumne ist eine Kolumne im klassischen Sinne, mit der Möglichkeit, „Leserbriefe“ zu hinterlassen: Definitiv subjektiv, sanft satirisch und gerne auch mal populistisch.

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Opposition in Zeiten einer großen Koalition

Eingestellt am 20. Juni 2007 um 18:39 Uhr » Kommentar Gesellschaft

Was tun? Diese Frage stellte nicht nur der documenta-Leiter als Leitmotiv in den Raum, sondern sie stellt sich auch angesichts der „bequemen Mehrheit“ der großen Koalition in der Bundesregierung. Während die Opposition frohlockend jede Unstimmigkeit zwischen SPD und CDU zur Kenntnis nimmt, hat sie bislang selbst keine Lösung parat, um wieder ans Tageslicht zurückzukommen – außer, man präsentiert sich auf Parteitagen (FDP) oder gründet Die Linke (angesichts der Zerstrittenheit des linken Spektrums ist dieses Alleinstellungsmerkmal reichlich gewagt). Und was macht der Wichtigste im Staat, der Wähler?

Oppositionsbildung

Er bildet auf verschiedene Weise Oppositionen gegen die von ihm ungewollte große Koalition. Dies manifestiert sich z.B. in der bewussten Stärkung von Parteien jenseits der „neuen Mitte“ oder der Oppositionsbildung außerhalb des Parlaments. Doch trotz der sprachlichen Verbindung zwischen außer, Parlament und Opposition ist es (noch?)verfehlt, von einer neuen Außerparlamentarischen Opposition (APO) zu sprechen, allein schon deshalb, weil diese Opposition ausgesprochen pragmatisch und kaum ideologisch ans Werk geht. Die Wahl der Mittel fällt dabei einerseits auf Gerichte, die die verfassungsmäßige Ordnung sicherstellen sollen sowie den Boykott von Rechtsvorschriften, wie wir an Hand von zwei Beispielen beleuchten wollen:

Boykott 1: ePass

In den neuen Personalausweisen sollen zukünftig biometrischen Daten über den Besitzer enthalten sein, im Reisepass sind sie es bereits. Zu allem „Unglück“ sind diese Daten auf einem so genannten RFID-Chip gespeichert, d.h. von außen jederzeit auslesbar. Schon frühzeitig haben Bürgerrechtler versucht, dagegen zu intervenieren, als „Notlösung“ gibt es Tipps, wie sich der Chip zerstören oder abschirmen lässt. Gegen die Erhebung und Speicherung biometrischer Daten hat nun der Chaos Computer Club (CCC) zum Boykott der Abgabe der Fingerabdrücke aufgerufen. Nahrung bekommt dieser Boykott nun durch das Ergebnis einer kleinen Anfrage der Linkspartei (PDF), wonach sich bereits die alten Pässe als ausgesprochen fälschungssicher herausgestellt haben, denn es sind nur sechs Fälschungen im Zeitraum von 2001 bis 2006 bekannt. Das zweite Argument für den „ePass“, der so genannte „Kampf gegen den Terror“, erweist sich ebenfalls als Luftnummer: Seit 2001 wurde kein einziger deutscher Pass im Zusammenhang mit einer terroristischen Tat verwendet. Beide Fakten sind natürlich Wasser auf die Mühlen des CCC, der den Boykott mit einem „bis die ePässe abgeschafft sind“ untermauert.

Boykott 2: Studiengebühren

Eine sehr ähnliche Motivation steht auch hinter dem Boykott der Studiengebühren in Hessen: Da die Studenten die zur Einreichung der Normenkontrollklage nötige Zahl an Unterstützungsunterschriften deutlich übertroffen haben, hängt es nun davon ab, wie lange der Staatsgerichtshof braucht, um über die Klage zu entscheiden. Um nun weder die Studenten noch die Hochschulen im Unsicheren zu lassen, wäre es sinnvoll, die Erhebung der Campusmaut bis zur Entscheidung auszusetzen. Da die Landesregierung allerdings hart bleibt, damit sich ihr Ministerpräsident weiterhin als „Hardliner“, das ist jemand, der besonders gut Probleme aussitzen kann, profilieren kann, wird auch hier der Boykott zu Hilfe genommen: Solange, „bis der Staatsgerichtshof über die Klage entschieden hat“, wird die Zahlung der Gebühren ausgesetzt. Dieses Verfahren sorgt nun tatsächlich dafür, dass Sicherheit besteht: Es gibt erst einmal kein Geld.

Fazit

Die große Koalition zeigt wieder einmal, welche Kreativität das politische System Deutschlands von seinen wichtigsten Akteuren zur tatsächlichen Partizipation verlangt. Dabei handelt es sich allerdings immer um Mittel, die zwar legal, aber bei einem großen Teil der Bevölkerung „anrüchig“ ankommen. Insofern wird es nun wirklich Zeit für die direkte Demokratie, um solchen Problemen wirkungsvoll vorzubeugen und tatsächlich das Gemeinwohl zu fördern.


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