Roberts Kolumne

Roberts Kolumne ist eine Kolumne im klassischen Sinne, mit der Möglichkeit, „Leserbriefe“ zu hinterlassen: Definitiv subjektiv, sanft satirisch und gerne auch mal populistisch.

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BKA-Chef: 8000 Terroristen in Deutschland

Eingestellt am 27. März 2007 um 17:49 Uhr » Netz-Notizen Sicherheit Gesellschaft

Zu diesem Schluss kommt man jedenfalls, nimmt man die Aussage von BKA-Chef Jörg Ziercke ernst, dass 99,99% der Bevölkerung nicht online durchsucht würden. Gegen die restliche 0,01% (0,01% von 80 Millionen Bundesbürgern sind etwa 8000 Personen Terroristen Kriminelle) setze man im Übrigen keinen „Bundestrojaner“ ein, sondern „hochprofessionelle“ Methoden, die angeblich sogar die Privatsphäre beachteten, wie er im taz-Interview behauptet:

Wir können über die Verwendung bestimmter Schlüsselbegriffe steuern, dass ganz private Daten von der Polizei gar nicht zur Kenntnis genommen werden.

Natürlich verweigern BKA und Verfassungsschutz (der angeblich sogar schon online durchsucht haben soll) mit dem Hinweis auf diverse Geheimnisrechte weitere Informationen darüber, doch man wird den Eindruck nicht los, dass mit den Online-Durchsuchungen etwas nicht stimmt. Wenn über „bestimmte Schlüsselbegriffe“ private Daten von Bombenbauanleitungen separiert würden, ist man genauso weit wie bei der Telefonüberwachung: Bestimmte Begriffe eingestreut liefern falsche Treffer (false positives), andererseits reicht ein Verzicht bestimmter Schlüsselbegriffe aus, um nicht aufzufallen. Bei automatisierter textueller Erfassung kommt darüber hinaus das Problem der Schweibweisen zum Tragen: Würden Worte wie „B0mbe“ oder "B\0mbe" ("\0" steht hier für das NULL-Byte) gefunden?

Kleine Übersicht der „Vaporware“

Wahrscheinlich um einen Rest Glaubwürdigkeit in der Angelegenheit „Bundestrojaner“ zu bewahren, hat Ziercke der Grünen-Bundestragsfraktion in einem Fachgespräch mitgeteilt, dass Online-Durchsuchungen keine Schadsoftware seien: Die Einsatzzeit des Programmes sei richterlich vorgegeben, es würden nur bestimmte Daten übertragen und Virenscanner würden auf Grund der geringen Verbeitung nichts melden. Der BKA-Präsident lässt dabei aus, was mit der Software nach ihrer Einsatzzeit passiert und welche Daten bestimmt sind. Außerdem kann unter Umständen bereits ein Einsatz des „Kinderkrams Trojaner“ ausreichen, um diesen zu enttarnen, man muss nur versuchen, den falschen zu durchsuchen.

Nutzen der Online-Durchsuchung

Während Ziercke neben dem „internationalen Terrorismus“ auch explizit Computerkriminalität und (Kinder-) Pornografie als Einsatzzwecke nennt, bezweifelt der heise-Leser imagiro die Verhältnismäßigkeit von Online-Durchsuchungen:

Das bedeutet also, dieser ganze Aufwand wegen 8000 potentziellen Straftätern? Woher stammen diese Zahlen? Welche Statistik legt nahe, dass in DE nicht mehr und nicht weniger als 8000 Terroristen und Pädophile leben?

An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf die offizielle Kriminalitätsstatistik des BKA, die aktuellste stammt aus dem Jahr 2005:

Der Exkurs Tatmittel Internet zeigt, dass bis auf Computerbetrug nach §263a StGB und Datenveränderung, Computersabotage nach §§ 303a, 303b StGB alle andere Straftaten mit dem „Tatmittel Internet“ ausgesprochen hohe Aufklärungsquoten aufweisen, d.h. bereits jetzt schon sehr gut aufgeklärt werden können.

Demgegenüber zeigt die Kriminalstatistik, wo es tatsächlich „brennt“: Diebstahldelikte – was „Raubkopieren“ nicht beinhaltet – machen nicht nur den Großteil aus, sondern werden auch noch ausgesprochen selten aufgeklärt. Außerdem erinnern wir uns an die einleitende Rechnung, dass der Aufwand des „Trojaners“ für nur ca. 8000 Menschen gedacht ist.

Fazit

Die ganze Debatte über Online-Durchsuchungen offenbart zwei Dinge, die typisch für Politik rechts der Mitte sind:

  1. Misstrauen dem gemeinen Bürger gegenüber, welches sich durch zunehmende Überwachung bemerkbar macht
  2. öffentlichkeitswirksame Aufklärung(sversuche) statt Prävention

Angesichts abnehmender Kriminalität und ganz anderer, viel wichtigerer Baustellen für die Polizei sind Online-Durchsuchungen durchaus fragwürdig und durchaus mit der öffentlichen Opel-Werbung der hessischen Polizei vergleichbar. Und Punkt 1 dürfte angesichts der Tatsache, dass Deutsche vor der Revolution die Obrigkeit fragen, auch keine Rechtfertigung für dieses „professionelle Werkzeug“ sein.


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