Roberts Kolumne

Roberts Kolumne ist eine Kolumne im klassischen Sinne, mit der Möglichkeit, „Leserbriefe“ zu hinterlassen: Definitiv subjektiv, sanft satirisch und gerne auch mal populistisch.

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Datenschutz 2.0 - oder doch nur 0.1alpha?

Eingestellt am 05. Mai 2007 um 18:24 Uhr » Sicherheit Gesellschaft

Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten, wird uns immer wieder erzählt und damit versucht, den gläsernen Bürger für den Staat und andere „Sicherheitsautoritäten“ zu legitimieren. Während es allerdings auf der einen Seite einen starken „Informationshunger“ gibt, gibt der gemeine Bürger auch so schon einen Teil seiner Privatsphäre freiwillig oder gar bewusst auf. Der Folgen solcher Nachlässigkeit ist er sich indes nur selten bewusst.

Informationelle Freizügigkeit

Waren es die Eltern der heutigen Generation junger Menschen, die noch für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung demonstrierten, so zeigt sich, dass dieser Protest anscheinend nicht großartig gefruchtet hat. Es gibt seit der damals heftig umstrittenen Volkszählung zwar strenge Datenschutzgesetze, aber was nützen die, wenn man als mündiger Bürger den Schutz der eigenen Daten unterläuft? Bruce Schneier scheint dabei einen Generationenkonflikt beim Datenschutz ausgemacht zu haben: Gerade auf die genannte Generation (der jüngeren), die mit medialen großen Brüdern und persönlichem Exhibitionismus in Talkshows aufwächst, scheint diese „Offenheit 2.0“ abzufärben und anderseits zum Drang nach Öffentlichkeit und Selbstdarstellung wird. Dieses Phänomen lässt sich vielfach in privaten Weblogs oder auf sozialen Plattformen beobachten. Der große Haken daran ist allerdings, dass einmal im Internet veröffentlichte Daten praktisch nicht mehr entfernt werden (können), oder anders ausgedrückt: Google vergisst nichts, während es früher noch „Schwamm drüber“ hieß.

An anderer Stelle scheint es den von Schneier angesprochenen „Generationenkonflikt“ nicht zu geben, machen sich dort auch ältere Menschen zu schon fast dankbaren „Datenspendern“: Die Rede ist von Gewinnspielen und den viel bedenklicheren Rabattkarten. Dass es nichts umsonst gibt und ein Unternehmer nichts verschenkt, sollte Allgemeinwissen sein, aber trotzdem gibt es statistisch in fast jedem deutschen Haushalt mindestens eine Rabattkarte. Für marginale Nachlässe und unnütze „Treuegeschenke“ vertraut man sein komplettes Kaufverhalten Firmen an, von denen man nicht viel weiß. Dieser Aspekt war letzte Woche u.a. Thema der Sendung Hart aber Fair (25.04.2007) und wie ein Gesprächspartner dort mitteile, erhält man durch normales Verhandeln (ja, Feilschen) häufig größere Rabatte beim Einkauf eingeräumt. Dies lässt ganz nebenbei die Vermutung zu, dass die Rabattkarten eingeführt wurden, um sich auch weiterhin Feilschen mit dem Kunden zu ersparen.

Der dritte Aspekt, den ich hier ansprechen möchte, ist die bereitwillige Öffnung der Privatsphäre dem Staat und anderen „Sicherheitsautoritäten“ gegenüber sowie die Gleichgültigkeit darüber, was mit den eigenen Daten angestellt wird. Den so genannten „Kampf gegen den Terror“ können viele Innenminister durchaus als Weihnachten, Geburstag und Ostern gleichzeitig ansehen, legitimiert doch die „drohende, abstrakte Gefahr“ eine Aushöhlung der Grundrechte und den Aufbau riesiger Datenbanken, die mit immer und überall gesammelten Daten gefüttert werden. Wie Hart aber Fair feststellt und Telepolis analysiert, geht das Vertrauen in (angebliche) Sicherheitsautoritäten sogar soweit, dass Passanten persönlichste Informationen wie Bankverbindung oder Fingerabdrücke Personen anvertrauen, die offensichtlich nicht im staatlichen Auftrag für Recht und Ordnung sorgen. Für die Reporter in der Kölner (?) Innenstadt war das Datensammeln jedenfalls ein Leichtes. Widerspruch gab es nur vereinzelt, dafür aber auch direkt auf den Punkt gebracht:

Man kann auch präventiv alle Menschen einsperren, dann begeht keiner mehr Verbrechen.

Was man mit Daten anfangen kann

Natürlich können die aller Orten erhobenen Daten erst einmal bestimmungsgemäß verwendet werden, aber alleine bei der Definition der Bestimmung gibt es schon Probleme: Aus den beim Einkaufen mit Rabattkarten preisgegebenen Daten werden bestimmungsgemäß detaillierte Profile angefertigt, die nicht nur Auskunft über das Einkaufsverhalten, sondern auch über den Käufer dahinter geben. Die informationelle Selbstbestimmung sorgt dabei nur dafür, dass man überall einen Auskunftsanspruch über die von einem gespeicherten Daten hat. Theoretisch unterbindet sie auch die Datenweitergabe an Dritte, die man allerdings häufig explizit erlauben muss, um den Vertrag zu unterschreiben. Damit kann das persönliche Profil auch an Institute wie die Schufa oder Versicherungen gelangen, die damit z.B. ein Risikoprofil aufstellen, welches bei Krediten oder Policen wirksam wird. Dabei kann es dann schon ausreichen, dass man in der „falschen Straße“ wohnt, damit einem ein Kredit verwehrt wird. Die hinter den Risikoprofilen Statistik geht logischerweise vom Standardkunden aus, nicht von „statistischen Fehlern“.

Solche „Fehler“ treten allerdings nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Sicherheitsbereich auf, wo sie allerdings viel eher zu persönlichen Katastrophen führen. Da wird dann im günstigsten Fall die Einreise in die USA verweigert, im schlimmsten Fall landet man unschuldig auf Guantánamo. Aber auch Verwechselungen bei der DNA-Analyse (die immer noch keine nötige 100%ige Sicherheit bietet) können einen schnell in ungünstige Situationen bringen. Welcher Arbeitgeber möchte schon einen Beschäftigen bezahlen, der wegen U-Haft zur Abwesenheit am Arbeitsplatz gezwungen ist? An dieser Stelle schließt sich übrigens auch der Kreis zum obigen Absatz: Da die für den europäischen Kreditverkehr zuständige SWIFT ihre Daten in den USA spiegelt, haben amerikanische Ermittler Zugriff auf europäische Finanzgeschäfte. So kann eine unbedarfte Auktion mit dem falschen Namen schnell zu einem Eintrag auf einer „No-Fly-“ oder „No-Buy-Liste“ führen.

Wie ich es bereits skizziert habe, ergibt sich immer das Problem der Selbstkontrolle über die eigenen Daten. Und gerade im Internet verliert man diese Kontrolle sehr schnell, weil jeder weltweit auf veröffentlichte Daten zugreifen kann. Darüber hinaus sorgen Suchmaschinen und andere Archive dafür, dass einmal veröffentlichte Daten praktisch grenzenlos und dauerhaft verfügbar sind. Die übliche Trennung zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre existiert nicht und Gras wächst auch über keine Sache. Das erfordert natürlich einen präzisen und ausgewogenen Umgang mit der Veröffentlichung von persönlichen Daten nach sich.

Immer noch unbesorgt?

Dann dürfte es dem geneigten Leser in der von Orwell in 1984 gezeichneten Welt doch ganz gut gefallen, schließlich ist für alles gesorgt – wie große Brüder nun einmal sind.


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