Roberts Kolumne

Roberts Kolumne ist eine Kolumne im klassischen Sinne, mit der Möglichkeit, „Leserbriefe“ zu hinterlassen: Definitiv subjektiv, sanft satirisch und gerne auch mal populistisch.

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Demokratischer und Rechtsstaatlicher Flurschaden [Nachtrag]

Eingestellt am 30. September 2010 um 22:10 Uhr » Gesellschaft Kommentar Sicherheit

Was heute bei einer angemeldeten Demonstration gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 passiert ist dürfte einen gehörigen demokratischen und rechtsstaatlichen Flurschaden im Ländle hinterlassen: Mehrheitlich friedliche Demonstranten, normale Staatsbürger statt des „Schwarzen Blocks“ oder „Altlinker Altkommunisten“ bekamen das Gewaltmonopol des Staats in Form von Schlagstöcken und Pfefferspray zu spüren. Seit etlichen Wochen gibt es täglich erbitterten Protest gegen die Milliardenausgaben und die Stadtveränderung, die mit dem Bahnhofsbau einhergehen. Das interessante daran sind die Teilnehmer: Neben mit Sicherheit auch „altlinker Altkommunisten“ und „jungem Protestvolk“ sind es vor allem Menschen aus dem bürgerlichen Milieu, die die Milliarden lieber in Bildung investiert sähen (und vielleicht auch den Park neben dem Bahnhof erhalten möchten).

Umso bemerkenswerter ist die heutige Eskalation (mit Vorwarnung aus der Stuttgarter Polizei, man werde in Zukunft eine härtere Gangart einlegen). Es war schnell von Kindern und älteren Bürgern unter den Opfern der Polizeigewalt die Rede – alles keine klassischen „Krawallmacher“, sondern vermutlich Menschen, die zum ersten Mal in ihrem Leben an einer Demonstration teilnahmen oder bis dato ein friedliches Nebeneinander zwischen Demonstranten und Ordnungshütern kannten. Wahrscheinlich waren sogar Menschen dabei, die normalerweise die CDU wählen, deren Innenminister den heutigen Schlagstock- und Pfefferspray-Einsatz in letzter Konsequenz zu verantworten hat. Diese Menschen werden 2011 vielleicht nicht mehr CDU wählen.

Viel gravierender ist allerdings der bleibende Eindruck vom heutigen Zusammenstoß mit dem eigentlichen „Freund und Helfer“. Fernab dieser Baustelle werden Erinnerung an den „Summer of Resistance“ 2006 wach, als viele Studenten den Glauben an den Rechtsstaat verloren – und die nächste Generation verliert den Glauben gerade in Stuttgart. Wenn man organisierte Polizeigewalt einmal selbst erlebt hat, kann man schnell den Glauben an den „Freund und Helfer“ verlieren und begegnet Polizisten zukünftig mit Misstrauen. Das kann gesellschaftlich nicht gewollt sein. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht abzusehen, ob irgendjemand die Verantwortung für die sinnlose Eskalation übernimmt, aber vermutlich wird die konkrete Verantwortung im Sande verlaufen statt rückhaltloser Aufklärung, wie sie konservative Hardliner immer gerne versprechen. Und damit stirbt auch der Glaube an den Rechtsstaat.

Die schwarz-gelbe Koalition in Stuttgart (21) hat heute den Grundstein für den totalen Vertrauensverlust und die Wahlniederlage 2011 gelegt. Ein Weiterregieren ist damit zwar nicht ausgeschlossen, wie der Blick nach Hessen zeigt, aber mit Arroganz der Macht läuft es nicht mehr.

Nachtrag

Spiegel Online spricht angesichts der fassungslosen Szenen in Stuttgart von Bürgerkrieg. Interessant ist allerdings der Provokateur des „Bürgerkrieges“: Es sind eben nicht die schwäbischen Bürger, sondern (mutmaßliche) Staatsbürger in Uniform. Die Regierung im Ländle verhält sich wie ein jähzorniges Kind, dem die Argumente ausgegangen sind (von Argumenten für den Bahnhof spricht kaum einer): Es greift zur Gewalt. Bei n-tv vermutete ein Kommentar Methode hinter der Eskalation: Wenn der gewaltsame Konflikt erst einmal da ist, braucht man sich nicht mehr um Inhalte zu kümmern.

Liebe Schwaben: Bleibt friedlich, aber hartnäckig, lasst die gezielten Provokationen von Schwarz-Geld ins Leere laufen und bringt sie zur Verzweiflung. Seid immer und überall, wo Mappus und Rech sind, zeigt ihnen, dass man euch nicht ignorieren kann!


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